Der Mittagsschlaf

Oder wie sich Eltern und Kinder Pausen im Familienalltag schaffen

Bekanntermaßen schläft ein neugeborenes Baby die meiste Zeit des Tages und gönnt Mama und Papa anfangs etwas Zeit, um selbst erst einmal in der neuen Rolle als Eltern eines oder dann mehrerer Kinder anzukommen. Allerdings verändert sich das Schlafverhalten unserer Kinder mit zunehmendem Alter. Erst wird aus dem scheinbar dauerhaften Schlafen ein erkennbares Muster, das oft aus einem Vormittags-, einem Mittags- und einem Nachmittagsschläfchen besteht. Diese können allerdings in ihrer Länge von Kind zu Kind sehr unterschiedlich sein. Dann entfällt bei den meisten Kindern eines dieser drei Schläfchen im Laufe des ersten Lebensjahres. Bis zum Alter von 18 Monaten schläft die Mehrheit der Kinder dann lediglich einmal am Tag, meist um die Mittagszeit herum. Diese regelmäßigen Schläfchen geben den Eltern die Möglichkeit, sich selbst eine Pause zu gönnen, wichtige Dinge zu erledigen, die ihre voll Konzentration erfordern oder Paarzeit zu verbringen. Was aber tun, wenn diese so wertvolle Zeit durch die zunehmende Wachheit des Kindes knapper wird?

Der “geregelte” Mittagsschlaf

Den meisten Kleinkindern merken ihre Eltern um die Mittagszeit an, dass der Akku erst einmal leer ist und an die Ladestation gehangen werden sollte. Dann ist es an den Eltern, die geeigneten Schlafbedingungen für das eigene Kind herzustellen. Das kann ein einschlafbegleiteter Mittagsschlaf im Bett, ein Spaziergang mit Trage oder Kinderwagen aber auch eine Autofahrt sein. Wichtig ist, dass die Eltern diese Pause nutzen, um auch ihre eigenen Ressourcen zu überprüfen. Denn nach einem erholsamen Mittagsschlaf erwartet sie nicht selten ein energiegeladenes Kind, das spielen, toben und entdecken möchte.

Die Phase, in der Kleinkinder ziemlich verlässlich ihren Mittagsschlaf einfordern und auch nach wenigen Minuten eingeschlafen sind, ist eine sehr wertvolle Zeit. Pausen für die Eltern oder Erledigungen sind gut planbar. Und trotz Mittagsschlaf sind die Kinder abends dennoch ausgepowert und müde.

Der “verweigerte” oder "ausschleichende" Mittagsschlaf

Gleich vorab: Dies ist für die Eltern oft die anstrengendste Phase. Da der Mittagsschlaf ein endliches Phänomen ist, schleicht er sich, je nach individuellem Schlafbedarf des Kindes, früher oder später langsam aus. Dann kommt die Zeit, in der das Kind um die Mittagszeit schon noch müde wird und das auch anzeigt, z. B. durch nachlassende Konzentration, Stimmungsabfall oder gar Weinen. Dennoch möchte es oft keinen Mittagsschlaf mehr machen, weil es ja schon groß ist und es jede Menge spannender Dinge zu entdecken gibt. Außerdem ist die Müdigkeit in dem Alter mittags nicht mehr so groß, dass dem Kind sofort die Augen zufallen. Vielmehr erfordert es etwas Geduld einzuschlafen. Ein Machtkampf um den Mittagsschlaf macht in dieser Situation keinen Sinn, denn eine Diskussion mit einem müden Kind ist selten von Erfolg gekrönt und führt meist lediglich zu einer Blockade auf beiden Seiten. Manche Kinder nehmen sich mittags die Ruhe, die sie brauchen selbst und ziehen sich für eine entspannende Tätigkeit zurück. Sie schauen Bücher an, kommen kuscheln, möchten vorgelesen bekommen, malen oder hören ein Hörspiel. Dies kann von den Eltern auch angeboten und liebevoll begleitet werden.

Eine andere Möglichkeit ist, dass Eltern in ihrer Verantwortung den Tagesablauf so planen, dass zur Mittagszeit eine Fahrt mit dem Auto oder Fahrrad ansteht, denn im Autositz oder Fahrradanhänger schlafen oft die hartnäckigsten “Schlafverweigerer” selig ein. Das ist eine gute Alternative, wenn viele mittagsschlaffreie Tage aufeinander folgen und sich das Schlafdefizit summiert. Gleichzeitig wird daran deutlich, welchen Vorteil es hat, wenn das Kind zunehmend unabhängiger vom Mittagsschlaf wird: Die familieninterne Tagesplanung wird flexibler und Ausflüge können für den gesamten Tag geplant werden.

In der Phase des ausschleichenden Mittagsschlafes ist es wichtig, dass die Eltern auf ihre eigenen Kraftreserven achten und sich kleinere Pausen und Erholungsinseln im Alltag schaffen. Kinder haben Verständnis dafür, wenn die Mama mal zehn Minuten in Ruhe ihren Kaffee trinken möchte oder der Papa den Sportteil der Zeitung studiert. Alle Familienmitglieder haben ein Recht auf Erholung, das im Familienalltag Berücksichtigung finden sollte.

Wenn die elterlichen Ressourcen an manchen Tagen knapp sind und die Nerven blank liegen, weil die Nacht schlaflos war, kann auch ein Märchenfilm für Entspannung sorgen. Wenn sich die ganze Familie auf der Couch zusammen kuschelt, können die Eltern durchschnaufen oder gar kurz die Augen zumachen und die Kinder entspannen ebenfalls. Für mich persönlich ist der Fernseher kein Allheilmittel, aber bevor ich über meine Grenzen gehe und meine Kinder anschreien ist er für mich ein adäquates Hilfsmittel. Voraussetzung ist dabei für mich, dass ich weiß, was meine Kinder schauen und ich dabei bin, wenn sie fernsehen. So können sie mich jederzeit ansprechen, wenn sie Fragen zum Gesehenen haben. In der Zeit, in der die Tage mit Mittagsschlaf abnehmen, können wir meist noch ein weiteres Phänomen beobachten: Im Kindergarten machen die Kinder oft noch bereitwillig ihren Mittagsschlaf, während er zu Hause längst abgeschafft wurde. Das liegt zum großen Teil daran, dass im Kindergarten eine Gruppendynamik besteht. Wenn sich alle Kinder mittags hinlegen, gibt es wenig Spielraum für Diskussionen. Oft lassen sich Kleinkinder auch am Wochenende beispielsweise vom Papa noch gut ins Bett bringen, während die Mama keine Chance mehr hat. Auch das ist normal und der Hierarchie der Bezugspersonen geschuldet.

Der “abgeschaffte” Mittagsschlaf

Wenn die Phase des ausschleichenden Mittagsschlafs überstanden ist, kommt die Zeit, in der der Mittagsschlaf ganz abgeschafft wird. Jetzt können die Kinder den fehlenden Schlaf sehr gut kompensieren, die Laune bleibt den gesamten Tag über relativ stabil und auch im Auto schlafen sie nur noch äußerst selten ein, z. B. wenn sie krank sind oder abends sehr lange wach waren.

Diese Zeit ist dann für alle Familienmitglieder sehr entspannt. Auch anstrengende Tagesausflüge können unternommen werden und die gesamte Alltagsgestaltung wird sehr flexibel. Aber auch hier gilt für die Eltern, die eigenen Kräfte im Blick zu behalten und sich Pausen zu nehmen.

Bei uns ist das ganz anders

Und das ist absolut normal und gut so. Denn wie bei Erwachsenen sind auch Kinder in ihrem Schlafverhalten sehr individuell. Das betrifft sowohl die Gesamtdauer des Schlafes als auch dessen Verteilung auf den Tag. Auch die Schlafbedingungen können komplett verschieden sein - auch zwischen Geschwisterkindern. Während das eine Kind die immer gleichen Rahmenbedingungen benötigt, um gut einschlafen zu können, schläft das andere Kind wo es geht und steht. Daher ist es wichtig, dass die Eltern ihr Kind gut kennen und liebevoll und entspannt auf dessen Bedürfnisse eingehen können.

 

Katja Schill


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